April 2017: Typisch Veganer
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché |

Nenne mir deine Lieblingsessen und ich sage dir, wie du bist. Eher der Schnitzel-Typ, Marke tellergroß. Also kernig und bodenständig. Oder gehörst du zu denen, die für Pfannkuchen, Milchreis und Kuchen zum Mittagessen alles geben? Dann bist du natürlich ein ganz Süßer. Auch denkbar: Du zählst zu der Tofu- und Müsli-Fraktion … Dann reden wir hier über dich! Und über mich. Nein, ich bin Fleischesser oder wie es neudeutsch heißt: Flexitarier. Aber wir reden auch deshalb hier über mich, weil ich immer wieder den Vorurteilen über Vegetarier oder noch schlimmer (sorry): Veganern erliege. Mit keiner Gruppierung knalle ich so oft aneinander wie mit Veganern (Platz 2: die Impfgegner).

Woran liegt das? Fangen wir mit mir an. Ich bin politisch nicht immer korrekt, kann manchmal auch über wüste Witze lachen und ich habe ein entscheidendes K.o.-Kriterium: Ich grille gerne. Vornehmlich Fleisch. Wer sich dazu bekennt, ist in den Augen der Veganer ein Killer, ein Faschist (wurde mir tatsächlich vorgeworfen) und ein Tierquäler. Touché. Da nützt es nichts, dass ich genau schaue, woher ich mein Fleisch beziehe. Allerdings: Wenn ich irgendwo zu Besuch bin, frage ich nicht, wo die Gastgeber ihr Fleisch gekauft haben! Gerade bei Flüchtlingen, die bei einem Fest immer Fleisch kochen, braten bzw. grillen, wäre diese Ansage ein Affront. Ein Fest ohne Rind, Huhn oder Lamm? Undenkbar!

Vor ein par Wochen war ich mit unserem syrischen Praktikanten Ahmed bei einem Bio-Anbieter einkaufen. Im Wagen landeten Hühnchen aus Freilandhaltung. An der Kasse meinte Ahmed ganz erschrocken: „Das ist vier Mal so teuer wie bei uns.“ Also in den Läden, wo sie einkaufen. Die Haltung zum Essen kann auch ein Luxusproblem sein.

Klar, die Einstellung zu Ernährung ist eine Frage des persönlichen Lebensstiles – und der eigenen Möglichkeiten. Ich schätze es, wenn sich Menschen für Tiere einsetzen. Aber ich finde es schwer erträglich, wenn mir Vorschriften gemacht werden, was auf meinen Teller kommen darf. Wobei: nein, das ist es nicht mal. Es ist der damit verbundene Vorwurf, die Leichenbittermiene, das Abstempeln, was ich als Fleischesser für ein Ungeheuer bin. Sorry, ein Vorurteil finde ich ständig bestätigt: Veganer sind humorlos! Oh wehe, wenn ich diesen Beitrag auf Facebook poste. Dann kriege ich verbale Prügel. Ja, klar, nicht alle Vegetarier oder Veganer sind gleich. Aber Vorurteile richten sich immer an den eigenen (negativen) Erlebnissen und Erfahrungen, am Umfeld und der Meinungsmache aus.

Ich bekenne mich: Ich esse gerne Fleisch. Aber nicht jeden Tag. Ich esse auch gerne vegetarisch. Ich bin gegen Massentierhaltung. Ich kaufe bewusst ein. Aber ich lache, wenn eine Veganerin in Limburg den Rathaus-Chef bittet, das Lied „Fuchs, du hast die Ganz gestohlen“ aus dem Glockenturmspiel zu verbannen. Das würde ihre Gesinnung diffamieren. Wie war das Gegen-Argument? Zu viel Political Correctness treibt die Menschen in Gegenwehr. Zumindest macht es manche Veganer nicht sympathischer und damit auch nicht zu Sympathieträgern ihrer durchaus wichtigen Grundgesinnung.

Und was meinen Sie? Schreiben Sie mir doch: