März 2020: Lieblingsthema
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché |

Reden wir mal über meine Tante Erna. Bei jedem Treffen war spätestens ihr zweiter Satz: „Hast du gesehen, wie der Garten gegenüber wieder aussieht?“ Natürlich hatte ich es nicht gesehen. Was interessiert mich der Garten „gegenüber“?! Doch ich brauchte gar nicht hinsehen, denn ich bekam alles bis zum letzten Grashalm erklärt. Die schlecht geschnittene Hecke. Der nicht aufgerollte Wasserschlauch. Die schief stehende Gartenbank. Ich bin sicher: Auch Sie haben eine Tante Erna. Vielleicht heißt sie Martina, ist Ihr Kollege Klaus oder Vereinsfreund Martin.

Das ist die negative Seite eines Liebelingsthemas. Wenn der Gesprächsstoff zum Gesprächszoff wird. Quasi eine Obsession. Aufregen als Lebenszweck. Wohl als Ersatz für schönere Inhalte im Leben. Ach, was gibt es für herrliche Themen: die Liebe (wenn es läuft), der Fußball (wenn wir gewinnen), das Wetter (wenn es schön ist), das Essen (wenn es schmeckt) … Brauehen wir für ein Lieblingsthema die schönen Seiten des Sujets? Oder ist es nicht menschlich (oder vor allem Deutsch?), wenn wir bei Lieblingsthemen nicht nur gerne darüber reden, sondern auch voller Inbrunst meckern?

In diesem Sinne: Reden wir. Streiten wir. Meckern wir. Schwärmen wir. Ein Lieblingsthema kann so vieles sein. Und vielleicht auch morgen ein anderes. Hauptsache wir interessieren uns. Wir tauschen uns aus. Und wir erkennen, wann wir nur noch ein Lieblingsthema haben – und nur noch miesepetrig sind.