September 2022: Kunstfreiheit
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché |

Kunstfreiheit – da sind wir mitten in der aktuellen Auseinandersetzung um die documenta fifteen in Kassel. Das großflächige Bild „People‘s Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi befeuert die Diskussion: Was darf Kunst? Wo endet die Freiheit? Der Vorwurf: Das Bild zeigt antisemitische Propaganda. Zuerst wird es verhüllt, schließlich komplett abgehängt. Der Skandal politisiert. Und wieder reden wir bei Freiheit von den Grenzen des Möglichen und Erlaubten.

Kunst darf provozieren. Aber auch beleidigen? Ins Diskriminierende verfälschen? Stereotypen bedienen, die unerträglich sind? Das ist der Sommer der Empörungen. Über das Lied Layla oder die Bücher und Filme von Winnetou. Kunst hat viele Facetten und Formen. Natürlich mit ganz unterschiedlichen Interpretationen, Signalen und Auswirkungen. Die Ballermänner begröhlen eine Dirne, die Feuilletonisten diskutieren Geschichtsklitterung. Die Hintergründe sind ernst: hier Sexismus, da Antisemitisms. Aber nicht alles muss man ernst nehmen, nicht alles muss ins Scheinwerferlicht gezogen werden. Verschließen wir die Ohren vor Laila, verschließen wir nicht die Augen vor „People‘s Justice“.

Freiheit braucht Verantwortung. Wann beginnt und endet sie? Durch wen? Durch den Kunstschaffenden, den Betrachtenden, den Kuratierenden, den Kritisierenden? Immer eine Frage der Sichtweise. Verantwortung beinhaltet die Vorausschau auf mögliche Auswirkungen. Doch die Kunstfreiheit muss ohne Schere im Kopf auskommen. Zumindest das zeigt dieser Sommer der Kunstskandale: Wir sind in Deutschland frei zu diskutieren und zu handeln. Und manches ist nun wirklich keine Kunst.