„Ich mache es Ihnen billiger!“
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché | Blog

Ich sündige. Stehe in einem Bauernladen und suche mir ein Stück Torte aus. Erdbeerrolle. Hmmh. Die nette Verkäuferin fragt, ob sie das Stück auf die Verkaufspappe legen statt hinstellen darf. Klar! Anders würde ich das ja auch nicht schaffen. Sie fügt noch einen Satz hinzu: „Das wird nicht perfekt. Ich mache es Ihnen 1 Euro billiger.“ Ich schaue sie rätselnd an. „Warum“, frage ich. Na ja, erklärt sie, das wird von den Kunden verlangt. Ich staune nicht schlecht. Es gibt also Menschen, die kaufen ein Stück gigantischer Sahnetorte und setzen auf Preisnachlass. Was ist denn das für ein eigenartiges Verhalten? Schnäppchen-Mentalität de luxe?

Die Verkäuferin erzählt mir, dass die Erwartungshaltungen immer größer werden, und die Meckereien immer vehementer. Dabei bin ich nicht in einer edlen Konditorei, sondern im Hofladen eines Selbstvermarkters mit angrenzendem Bauernhof. Strohballen und krumme Gurken vor dem Eingang. War da nicht noch was? Die Initiative, auch scheps gewachsenes Obst und Gemüse in den Verkauf zu bringen. Klar, Torte ist kein Grünzeugs, da endet die Solidarität für natürliche Produkte. Confiserie-Kunstwerke sind eben unnatürlich. Aber ist das krittelnde Auftreten von einigen Konsumenten ein natürlicher Reflex?

Ich bin Dienstleisterin. Ich will sehr zufriedene Kunden. Und ich will Kunden, die das auch zeigen und mit unserer Arbeit erfolgreich agieren. Ach was, ich will Kunden, die begeistert sind. Ich freue mich über jeden schönen Kontakt, jedes Lob, jede stolze Reaktion auf unsere Zusammenarbeit. „Schauen Sie mal, das hat die Agentur exakt für uns gemacht.“ Ich strahle. Ich schmelze dahin. Ich bin stolz. Auf unser Team. Auf unsere Arbeit. Und auf unseren Kunden, der das so unprätentiös sagen kann. Also, schöne heile Welt?

Weitgehend ja. Aber auch wir haben Tortenkäufer. Will sagen, auch wir kennen Kunden, für die das Glas immer nur halb voll ist. Das ist vielleicht der schwierigste Teil als Dienstleister. Wie geht man mit Berufsnörglern um? Für mich als Chefin ist es wichtig, genau hinzuschauen. Wo und wann ist Kritik berechtigt? Wie erfolgt diese? Was können wir tun? Aber – und das ist mir ebenso ein großes Anliegen – Führung bedeutet auch, Klartext zu reden, wenn es notwendig ist. Der Kunde ist König. Aber wir sagen, wenn der Kaiser ohne Kleider dasteht.

Wir schauen, dass die Torte appetitlich überreicht wird. Im übertragenen Sinne. Das gebietet unsere Berufsehre. Und unsere exakt-Philosophie. Darauf können sich unsere Kunden verlassen – und ich verlasse mich gerne auf Kunden, die uns als Partner sehen. Auf Augenhöhe. Ohne Bazar-Mentalität. Wie  schön, dass wir viele Kunden haben, deren Währung kein Preisfeilschen ist, sondern Wertschätzung. Danke dafür!

Was meinen Sie? Bitte schreiben Sie mir:

Übrigens: Das Bild zeigt natürlich eine andere Torte, die wir neulich auf unserem Tisch hatten. Kommen Sie doch mal auf ein Stück vorbei …

Foto: Jens Lingenau