Kalender 2017


Begleiten Sie uns durch das Jahr – mit unserem Kalender 2017.

Typisch. Typisch. Wie oft denken wir das – und wie oft sagen wir selbst etwas aus dem „Handbuch für Vorurteile“.

Unser Kalender 2017 beschäftigt sich mit kleinen und großen Klischees. Was ist zum Beispiel typisch deutsch? Interessant wird die Sicht auf uns und unsere Landsleute, wenn wir selbst im Ausland sind. Legen Sie auch ein Handtuch als Platzreservierung auf die Strandliege? Oder bestellen Sie gewohnheitsmäßig Schnitzel im Urlaub? Wann bedienen Sie ein ungewolltes Image? Begleiten Sie uns jeden Monat hier mit unseren Gedanken zum Thema „Typisch. Typisch“. Falls Sie auch einen gedruckten Kalender haben möchten, schicken Sie uns bitte eine Mail. Wir senden Ihnen einen Kalender, solange der Vorrat reicht.

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Januar 2017: Typisch deutsch

Welche Vorurteile haben Sie? Und wie viele? Nein, erzählen Sie mir nicht, Sie seien ein Mensch ohne Vorurteile. Das gibt es nicht. Liegt in unserer Natur, um zu überleben. Seit Urzeiten müssen wir schnell entscheiden, ist etwas oder jemand gut für uns oder eben nicht. Häufig haben wir nur äußere Merkmale als Bewertungsgrundlage. Der berühmte erste Eindruck. Stimmt, das muss noch kein Vorurteil sein, aber zumindest eine Vorverurteilung. Vorurteile sind bereits manifestiert. Manchmal harmlos: Frauen können nicht einparken. Männer hören nicht zu. Manchmal schädigend: Wenn wir dem anderen keine Chance geben, den Eindruck zu revidieren oder erst gar nicht aufkommen zu lassen. Viele Lebensbereiche bedienen ständig Vorurteile: Werbung, Politik, Kultur, Medizin… einfach in allen Bereichen des Lebens.

Immer wieder gut, wenn wir unsere Mechanismen selbst überprüfen. Warum reagieren wir so? Aus eigenen und damit verallgemeinernden Erfahrungen? Aus übernommenen und interpretierten Erzählungen? Weil wir durch unsere Erziehung und unser Umfeld dafür besonders empfänglich sind? Weil wir leicht auf Manipulationen hereinfallen? Weil es schon immer so war … Sprache transportiert unbewusst unsere Gedankenwelt. Wenn wir automatisch Begriffspaarungen nutzen. Früher der „langhaarige Bombenleger“ oder der „ungewaschene Sozi“, der „verklemmte Gartenzwerg-Sammler“. Heute der „klauende Nordafrikaner“ oder Schlimmeres. Die „lügende Presse“, der „korrupte Politiker“ oder das altbekannte, der „geldgierige Jude“. Bei der Suche nach der Quelle des (bösartigen) Vorurteils stoßen wir oft auf gezielte Steuerung, damit wir manchen Personengruppen gar keine Chancen geben. Gerade zum Aufputschen bei Kriegsgegnern. Und der Krieg beginnt nicht erst, wenn Bomben fallen.

Bleibt die Frage: Gibt es auch positive Vorurteile? Im Image oder als Auswirkung bei Handlungen. Ich lebe ganz gut mit dem Image, dass ich nicht einparken kann. So bestätige ich das Bild a) als Frau und b) als Blondine. Mit dem positiven Effekt: Mir wird das Einparken oft abgenommen (ok, so lerne ich es nie), und es wird keine zu große Erwartung an mich gestellt. Natürlich spielen wir auch im Marketing oft mit Vorurteilen. Wenn sich bei Automessen auf den Boliden halbnackte Modells räkeln. Pech nur, wenn viele Kaufentscheidungen durch Frauen getroffen werden, die das so gar nicht mögen. Natürlich ist die Identität, das Image, die Vorstellung einer Marke eine Form von Vorurteil. Zum Beispiel: Deutsche Autos sind solide. Kann stimmen oder nicht. Natürlich auch im Vergleich zu Automarken aus anderen Ländern. Schauen wir mal, was der Abgasskandal von VW daraus macht …

Das Thema ist unendlich. In den nächsten Monaten werden wir uns intensiv damit beschäftigen. Ach ja, was ist das typisch Deutsche? Verraten Sie es mir? Aus Ihrer Sicht. Und falls Sie „betroffen“ sind, was ist das typisch Deutsche an Ihnen selbst …

Bitte schreiben Sie mir.

Februar 2017: Typisch Frau

Darf ich diesen Beitrag überhaupt schreiben? Typisch Frau – als Frau. Oder gerade als Frau über Frauenbilder? Und entstehen Klischees über Frauen nur durch Männer? Da muss ich selbst lachen – weil ich mich über so manches weibliche Wesen lustig mache. Kennen Sie die Weibsbilder, die ihre Handtasche in der Armbeuge baumeln lassen? Die übers Pflaster stöckeln und möglichst keine Miene verziehen? (Warum habe ich gerade Frau Beckham vor Augen?) Ok, das ist ein winziger Ausschnitt meines Vorurteils. Besonders schön, wenn man jemanden trifft, der optisch meiner Lästerei entspricht, aber sich als sehr nett entpuppt. Oder sehr klug…

Genau darum geht es: Wann blockieren uns Vorurteile und gaukeln eine nicht vorhandene Wirklichkeit vor. Klar, das liegt immer im Auge des Betrachters. Wir haben unsere geprägten Vorstellungen. Die werden vor allem durch optische Signale ausgelöst. Diesem Vorgang unterliegen viele Menschen bereits beim Kindchen-Schema: Rosa für Mädchen, Blau für Jungens. Davon leben Unternehmen und Produkte. Ich stelle immer wieder fest, dass alle Maries, Lailas, Shannons oder wie die heranwachsenden Frauen  heißen – quer über alle Nationen, Kulturen und Religionen – gerade diese Farbe lieben: ROSA. Dabei ist Rosa kein Ton, mit dem wir Stärke, Emanzipation oder Tatkraft verbinden. Eher den Ausspruch: „Oh, ist das süß“.

Wer seiner Tochter, Enkelin oder Nichte etwas Gutes tun möchte, sollte selbst kein Klischee bedienen. Denn das kann sich ein Leben lang fortsetzen. Oder wollen wir Frauen immer nur aufs Niedliche reduziert werden? Das muss jede und jeder selbst beantworten – wertungsfrei, wenn man denn nicht schon längst in der Rosa-Falle steckt.

Und was meinen Sie? Schreiben Sie mir doch:

März 2017: Typisch Mann

Kennen Sie diesen Spruch (noch): „Indianer weinen nicht.“ Mit diesem Bild wurden jahrzehntelang Jungs groß gezogen – und Mädchen beeindruckt. Der Mann ohne Emotionen, die Frau als weiches und keineswegs rationales Wesen. Das funktioniert in unserer westlichen Welt nicht mehr. Männer zeigen Gefühl: im Sport, in der Politik, auch in der Wirtschaft. Und das ist gut so. Mit vielen Auswirkungen. Auch bei uns in der Werbung. Das Beste daran: Alles ist möglich. Der Mann kann genauso gut dem Sonnenuntergang in Cowboy-Manier entgegen reiten wie mit dem Baby auf dem Arm Windeln kaufen.

Wie sich der Wandel vollzogen hat? Das ist vor allem Frauen zu verdanken, die mit eingefahrenen Rollen nicht mehr länger zufrieden waren. Das Heimchen am Herd will doch keine mehr sein – selbst nicht in der Rolle der Hausfrau und Mutter. Wer sich hier emanzipiert hat, gestattete auch dem Mann eine neue Ausstrahlung. Bitte, liebe Herren der Schöpfung, wir wollen alles in euch: den kernigen Typen, den galanten Kavalier, den starken Heimwerker, den zärtlichen Liebhaber oder Vater, den mitteilungsfreudigen Kumpel oder den abwaschenden Gespielen. Lasst aus euch raus, was euch und uns glücklich macht.

Klar, ein paar Klischees dürfen sein. Mehrheitlich gehen Männer immer noch nicht gerne mit zum Schuhe shoppen, verwüsten beim Kochen die Küche, parken besser ein oder trinken eher Bier als wir Frauen. Ausnahmen bestätigen die Regeln. Also, was sagt uns das für die Erziehung nachfolgender Stammhalter? Gebt ihnen rosa Strampler und Püppchen zum Spielen, teilt sie zum Hausdienst ein und kuschelt viel mit ihnen. Vielleicht hat genau das den Herrschertypen Trump, Putin, Erdogan gefehlt. Das Beste daran: Wir Frauen haben es in der Hand! Indianer weinen nicht? Keine Ahnung. Ich kenne keinen. Aber ich kenne Männer, die das tun. Und ich habe nicht weniger Respekt vor ihnen. Ganz im Gegenteil!

Und was meinen Sie? Schreiben Sie mir doch:

April 2017: Typisch Veganer

Nenne mir deine Lieblingsessen und ich sage dir, wie du bist. Eher der Schnitzel-Typ, Marke tellergroß. Also kernig und bodenständig. Oder gehörst du zu denen, die für Pfannkuchen, Milchreis und Kuchen zum Mittagessen alles geben? Dann bist du natürlich ein ganz Süßer. Auch denkbar: Du zählst zu der Tofu- und Müsli-Fraktion … Dann reden wir hier über dich! Und über mich. Nein, ich bin Fleischesser oder wie es neudeutsch heißt: Flexitarier. Aber wir reden auch deshalb hier über mich, weil ich immer wieder den Vorurteilen über Vegetarier oder noch schlimmer (sorry): Veganern erliege. Mit keiner Gruppierung knalle ich so oft aneinander wie mit Veganern (Platz 2: die Impfgegner).

Woran liegt das? Fangen wir mit mir an. Ich bin politisch nicht immer korrekt, kann manchmal auch über wüste Witze lachen und ich habe ein entscheidendes K.o.-Kriterium: Ich grille gerne. Vornehmlich Fleisch. Wer sich dazu bekennt, ist in den Augen der Veganer ein Killer, ein Faschist (wurde mir tatsächlich vorgeworfen) und ein Tierquäler. Touché. Da nützt es nichts, dass ich genau schaue, woher ich mein Fleisch beziehe. Allerdings: Wenn ich irgendwo zu Besuch bin, frage ich nicht, wo die Gastgeber ihr Fleisch gekauft haben! Gerade bei Flüchtlingen, die bei einem Fest immer Fleisch kochen, braten bzw. grillen, wäre diese Ansage ein Affront. Ein Fest ohne Rind, Huhn oder Lamm? Undenkbar!

Vor ein par Wochen war ich mit unserem syrischen Praktikanten Ahmed bei einem Bio-Anbieter einkaufen. Im Wagen landeten Hühnchen aus Freilandhaltung. An der Kasse meinte Ahmed ganz erschrocken: „Das ist vier Mal so teuer wie bei uns.“ Also in den Läden, wo sie einkaufen. Die Haltung zum Essen kann auch ein Luxusproblem sein.

Klar, die Einstellung zu Ernährung ist eine Frage des persönlichen Lebensstiles – und der eigenen Möglichkeiten. Ich schätze es, wenn sich Menschen für Tiere einsetzen. Aber ich finde es schwer erträglich, wenn mir Vorschriften gemacht werden, was auf meinen Teller kommen darf. Wobei: nein, das ist es nicht mal. Es ist der damit verbundene Vorwurf, die Leichenbittermiene, das Abstempeln, was ich als Fleischesser für ein Ungeheuer bin. Sorry, ein Vorurteil finde ich ständig bestätigt: Veganer sind humorlos! Oh wehe, wenn ich diesen Beitrag auf Facebook poste. Dann kriege ich verbale Prügel. Ja, klar, nicht alle Vegetarier oder Veganer sind gleich. Aber Vorurteile richten sich immer an den eigenen (negativen) Erlebnissen und Erfahrungen, am Umfeld und der Meinungsmache aus.

Ich bekenne mich: Ich esse gerne Fleisch. Aber nicht jeden Tag. Ich esse auch gerne vegetarisch. Ich bin gegen Massentierhaltung. Ich kaufe bewusst ein. Aber ich lache, wenn eine Veganerin in Limburg den Rathaus-Chef bittet, das Lied „Fuchs, du hast die Ganz gestohlen“ aus dem Glockenturmspiel zu verbannen. Das würde ihre Gesinnung diffamieren. Wie war das Gegen-Argument? Zu viel Political Correctness treibt die Menschen in Gegenwehr. Zumindest macht es manche Veganer nicht sympathischer und damit auch nicht zu Sympathieträgern ihrer durchaus wichtigen Grundgesinnung.

Und was meinen Sie? Schreiben Sie mir doch:

 

Mai 2017: Typisch Werbung

Werbung und Klischees? Undenkbar! Womit ich bereits das erste Klischee bediene: Werber sind sarkastisch! Ein Vorurteil, das jede Realität übertrifft. Fast immer ist im kreativen Prozess der Schwarze Humor tief verankert. Was wären wir ohne unsere lästerlichen Ideen. Vielleicht ist das auch das Geheimnis in der Werbung: vom Extremen kommend platzieren wir im besten Fall ein Augenzwinkern. Die hohe Kunst der Leichtigkeit ohne Seichtigkeit.

Vielleicht können Sie sich noch an einen bestimmten Werbespot von Daimler erinnern: Eine wunderschöne Frau tigert gereizt durch die Wohnung. Die Szenerie wird schnell klar: Sie hat ein romantisches Dinner vorbereitet und wartet und wartet und wartet auf ihren Mann. Als er endlich kommt, versucht er eine Entschuldigung: „Tut mir leid, ich hatte eine Panne.“ Sie reagiert sofort und knallt ihm eine. Schließlich ist klar, das muss eine Lüge sein – mit einem Mercedes-Benz hat man keine Panne! Für mich bis heute das Paradebeispiel für die Bedienung von Klischees auf eine wunderbar leichte und ironische Art.

Die beste Form von Marketing. Schließlich wurde der Spot 1995 zum viralen Hit – als es noch gar nicht die Durchdringung von Internet und YouTube gab, wie wir die Wirkung heute kennen. Auch jetzt noch können sich sehr viele Menschen an diesen Clip erinnern. Das Bedienen von Stereotypen kann durchaus intelligent sein. Hier: klassisches Männer-Frauen-Bild, aber auch eine Bildersprache, die ohne langatmige Details oder ausgesprochene Inhalte den kompletten Kontext suggeriert. Ein Mercedes hat keine Panne! Ein Mann, der das behauptet, hat etwas zu verbergen. Und aus Frauensicht: Die Ohrfeige der Versetzten ist absolut berechtigt! Eine Aussage für die Ewigkeit.

Sprache ist gewaltig. In Formen von Worten und Bildern, von tatsächlich Unausgesprochenem und eben dem Bedienen von unterbewussten Einschätzungen. Schauen wir also genau hin, wann ein Klischee zum Schmunzeln verführt und wann es ein Ärgernis ist. Die Basis zur Unterscheidung ist – eigentlich wie immer – Intelligenz, die Einschätzung der Zielgruppen und natürlich Humor! Seien wir also besonders aufmerksam.

Juni 2017: Typisch Sportler

Fällt Ihnen beim Thema Sport auch gleich Winston Churchill ein? Klar sein berühmtes Zitat „Sport ist Mord“ dient vielen Bewegungsfaulen als Ausrede eines Nobelpreisträgers. Oder gehören Sie zu den Adrenalin-Süchtigen, die am liebsten 365/24 joggen, turnen, spielen oder kämpfen? Nehmen wir das Thema sportlich: Jedem das seine … Aber klar, die Forschung weiß: Fit bleibt man nur bis ins hohe Alter, wenn sowohl der Geist als auch der Körper angemessen gefordert und gefördert werden.

In den späten 80er Jahren hatte ich eine Zeitungskolumne mit dem vielsagenden Titel „Fitness für Faule“. Mit meinen selbst erlebten und praktizierten Tipps. Na, Sie wissen schon, Treppensteigen statt Aufzugfahren oder Aufstehen beim Telefonieren. Womit Sie genau wissen, zu welchem Sport-Typ ich zähle. Vor ein paar Tagen fragte mich eine Promotion-Dame in einem Laden: „Sind Sie eher ein aktiver Mensch, der Bewegung und Herausforderungen braucht? Oder gehören Sie zu den gemütlichen, die es langsam und genussvoll angehen?“ Eine dritte Klasse gab es leider nicht. Ich würde mich selbst nämlich so sehen: „Aktiver, genussvoller Mensch, der Herausforderungen im Sitzen sucht“.

Im Grunde sucht jeder seinen Weg. Und jeder von uns hat klar Klischees im Kopf. Die meisten mögen wohl auch zutreffen. Marathonläufer sind drahtige Asketen. Kugelstoßer massige Breitschulterträger. Eiskunsttänzerinnen zarte Prinzessinnen. Bodybuilder unkommunikative Muskelprotze. Und Frauen von Fußballprofis wie aus der Form gegossen: lange Haare, schlank, Beine bis zum Hals und mit Berufen wie Modells und Schmuckdesignerinnen. Es lebe das Vorurteil– und ich summe dazu die Melodie von Rainhard Fendrich: „Es lebe der Sport.“… „Er ist gesund und macht uns hort. Er gibt uns Kraft, er gibt uns Schwung. Er ist beliebt bei oid und jung.“

Also gibt es Betriebssport, Individualsport, Breitensport, Extremsport und jede Menge Begleitindustrie: die passenden Schuhe, Outfits, Fan-Klamotten, Team-Trikots, aber auch jede Menge leistungsfördernde Shakes und Pillen. Vorsicht! Das könnte ein neues Kapitel werden: „Unser Doping. Mehr als nur Vorurteile …“ Bis dahin: Nehmen Sie es sportlich! Und das beginnt ja bekanntlich nicht nur beim Sport!

Juli 2017: Typisch Humor

Humor ist … wenn man trotzdem lacht. So der Volksmund. In zahlreichen Studien können wir über Humor-Typen nachlesen, was es über uns aussagt, worüber und wie wir lachen. Sigmund Freund lässt grüßen. Auch deshalb ist das Thema „Humor in der Werbung“ eine sehr ernste Angelegenheit. Der Schuss kann nach hinten losgehen, wenn die Zielgruppe den Witz nicht versteht oder ihn gar als blöd einstuft. Dabei kann ein ausgelöstes Lächeln viele positive Gefühle und Erinnerungsmuster auslösen. Perfekt für ein beworbenes Produkt. Auch ideal für virales Marketing. Nur andersherum wird es zum schädlichen Shitstorm. Also prüfe, wer aufs Zwerchfell zielt.

Den Angriff auf die Lachmuskeln kann Tabubrüche ermöglichen. Denken Sie nur an den (von mir oft zitierten) Werbespot von Mercedes-Benz, in dem eine Frau ihren Mann ohrfeigt. Weil seine Ausrede, er komme wegen einer Panne zu spät, nicht sehr glaubwürdig klang. Der Werbe-Coup von Daimler! Der Tabubruch – Ohrfeige – wird sogar belächelt und bejubelt.

Jede Zeit hat ihren typischen Humor. Häschenwitze (Watt du. Mutt du). Ossi-Witze (Ä Tännchen please) oder Türk-Sprech. Jeder gute Gag ist ein Ergebnis von viel Wissen und Zusammenhängen. Dabei hat jeder seine Vorlieben. Natürlich lache ich als BVB-Fan gerne, wenn andere Fußballfans durch den Kakao gezogen werden. Für Witze über FC Bayern oder SO4 schmeiße ich eine Runde – und lache um die Wette.

Nur bei Witzen unter der sexistischen Gürtellinie werde ich giftig. Ok, da fängt es an: Wo liegt diese Gürtellinie? Darüber kann man nur diskutieren. Schließlich ist vieles Zeitgeist und Stand der gesellschaftlichen Entwicklung.

Und was ist Ihr Aufreger oder Lieblingswitz?

August 2017: Typisch Raucher

Die besten Klischees kommen natürlich von Menschen, die mit dem Thema eigentlich nichts am Hut haben. Also lasse ich mich mal über die Raucher aus – als fast schon militante Nichtraucherin. Ich verabscheue den Geruch von kaltem Rauch. Wenn Raucher einen Raum betreten und ihren „Duft“ verströmen, wenn sich mir eine rauchgeschwängerte Jacke oder gar eine Nikotinhand nähert. Das bestätigen mir sogar Raucher – wenn sie denn noch eine funktionstüchtige Nase haben! Womit sich wieder mal zeigt: Manche Vorurteile sind nicht aus dem Rauch gegriffen, sondern durchaus faktisch bewiesen.

Kennen Sie überhaupt noch einen Raucher? In unserer Agentur gibt es nur noch einen einzigen. Zumindest derzeit, denn unser Chefstratege ist seit 12 Tagen in Entzug. „Na, haste schon zugenommen?“ „Kann ich mit dir reden oder bist du aggressiv?“ Oder auch: „Hältste durch oder was macht dich schwach?“ Wir lästern, obwohl wir Mut machen sollten, den Rücken stärken oder einfach mal die Klappe halten!

Der abstinente Mitarbeiter lächelt. Sein Rezept:
1. Frisch gebackene nicht-rauchende Ehefrau.
2. Fitness Tracker am Handgelenk, der via Handy ständig anzeigt, wie viele Tage, Stunden, Minuten man schon nicht raucht, wie viele Zigaretten und wie viel Geld eingespart wurden.
3. Joggingrunden am Morgen und Abend.
4. Erste Erfolge wie weniger Räuspern und besseres Riechen.

Und wo bleiben die Vorurteile? Raucher sind ungesunde unbelehrbare kurzatmige Nikotion-Terroristen. Sagen Nicht-Raucher. Und Raucher selbst: Raucher sind kommunikative, genussfreudige Steuerzahler. Was mal wieder zeigt: Vorurteile sind das Ergebnis von Sichtweisen. Ich sehe was, was du nicht siehst …

September 2017: Typisch Fußballfan

Jetzt wird es persönlich. Kein Thema ist bei mir so sehr mit Emotionen besetzt wie der Fußball. Klar, ich bin im Ruhrgebiet geboren. Da ist Fußball Religion. Abzulesen an Begriffen wie „Fußballgott“ oder „tempeln“, also ins Stadion gehen. Ich trage viele Bilder in mir. Wenn ich die Augen schließe und an Fußball denke, spielen sich Filme mit Ton und Geruch ab. Laut, eindringlich, pulsierend. Schöne, aufwühlende, auch traurige und wütende Momente. Der Duft von Gras, Schweiß und Currywurst. Vor allem: immer mit Menschen verbunden. Meine Idole, meine (!) Gegner, meine Lieblingsmenschen, mit denen ich im Stadion war.

Meine ersten Lebenserinnerungen sind mit Menschenmassen und Gesängen verbunden: Als Gewerkschafterkind war ich schon im Kinderwagen bei Kundgebungen dabei. Und mit ungefähr 5 Jahren erstmals im Stadion. An der Hand von Oppa. Das vergisst ein Kind nie. Entweder es ist abschreckend oder wie bei mir faszinierend für ein ganzes Leben. Mein Oppa ist lange tot. Aber seine Liebe zum Fußball trage ich für immer in mir.

So gilt das für viele Menschen, die nicht mehr in meinem Leben sind. Auch mein Vater gehört dazu. Bevor er 2001 starb, waren wir noch beim Ligapokalspiel von Dortmund gegen Hoffenheim. Damals noch auf einem Dorfacker ohne das Bundesligastadion. Erster Auftritt von Koller und Rosicky. Mein Vater und ich schauten uns an und wir wussten: Das wird unsere Saison! Als mein Papa im September starb, durfte die ganze Saison über niemand den Sessel verrücken oder gar drin sitzen, in dem er immer mit mir die Spiele auf Premiere (heute Sky) angeschaut hat! Im Mai 2002 war es dann soweit: Wir wurden Deutscher Meister! Mir liefen die Tränen runter. Voller Freude! Voller Trauer (wie gerne hätte ich das mit meinem Vater oder auch mit meinem Oppa gefeiert)! Voller Dankbarkeit! Was haben mir meine Vorfahren Wunderbares mit auf den Weg gegeben.

Aber Fußball ist nicht nur eine Frage, wie Borussia Dortmund spielt. Fußball ist Lebenseinstellung: Fairness, Teamplay, Strategie, Einstellung, Siegeswille … Alles Begriffe, die für mich auch im Berufsleben eine wichtige Rolle spielen. Als Kommunikatorin habe ich oft Werte wie Fairplay und Teamgeist in meinen Botschaften und Aussagen verwendet. Auch wenn es mal nicht gut lief. Oder Sorgen bereitet wie jetzt die Fanausschreitungen oder die Exzesse bei den Ablösesummen. Fußball kann uns viel geben. Vor allem den Anstoß, über uns nachzudenken: Was sind meine Stärken und Schwächen? Wo kann ich dem Team besonders gut helfen? Und das Team mir? Was sind meine Ziele? Was mache ich, wenn ich diese nicht erreiche? Wie motiviere ich mich (neu)? Und vieles mehr. Los, spielen Sie mir den Ball zu. Entscheidend is aufm Platz. Und der Platz ist überall im Leben!

 

Oktober 2017: Typisch Fernsehen

Sage mir, welche Fernsehserie du als Kind gerne geschaut hast, und ich sage dir, wann du geboren wurdest. Wenn Sie Lassie, Flipper oder Black Beauty nennen, kommen Sie aus den 50er oder 60er Jahren und sind mit Tieren aus der Traumfabrik aufgewachsen. Collie, Delfin oder Pferd waren Ihre imaginären Haustiere. Clarence der schielende Löwe und Judy die Schimpansin waren sicher auch dabei. Frühe Erinnerungen an besondere TV-Momente machen glücklich. Weißt du noch …?!

Jeden Dienstag Abend „Dallas“, mittwochs kam dann noch der Denver Clan dazu. Familien versammelten sich vor dem Fernseher und bangten mit den Helden. Wer erschoss JR Ewing und wann blamiert sich Sue Ellen wieder? Wir freuten uns über feste Sendetermine für Fernsehshows wie „EWG“, „Das laufende Band“ oder „Dalli Dalli“. Die Flimmerkiste hatte in den Generationen einen besonderen Stellenwert. Das Abendbrot musste bereits verzehrt sein. Die Hausaufgaben längst vollbracht. Und das Feierabendbier bereit stehen. Rituale der besonderen Art. Wenn dann noch die Eurovisions-Hymne für die besondere Aussendung lief, war der Abend gerettet.

Heute, in Zeiten von Mediatheken und Streamingdiensten, gibt es keine festgelegten Sendetermine mehr. Lieblingsserien werden rund um die Uhr geglotzt. Wer´s mag auch vorab, mit Zugriff auf deutsche oder amerikanische Angebote. Radio kills the superstar. Und Internet das Familien-Happening. Wer via PC schaut, pfeift auf einheitliche Startzeiten. Quoten brechen auch deshalb ein. Weltereignisse sind nicht mehr nur um 20:00 Uhr in der Tagesschau zu sehen. Oder als Straßenfeger im Anschluss wie bei einem Durbridge-Krimi oder als Fußball-Länderspiel.

Fernsehen. Das hat den Klang von altmodischer Unterhaltung. Zumindest wenn man junge Menschen fragt. Ihr Medium der Bewegtbilder heißt YouTube. Immer und überall. Von jedem gefilmt und gehostet. Die Stars sind heute Tageskünstler mit Klickraten. Darauf muss das Fernsehen reagieren. Interaktiv heißt das Zauberwort. Begleitend zum Sonntag Abend Tatort wird getwittert, laufen die Kommentare über Facebook, wird gelästert, geschimpft und selten gelobt. Fernsehen, das war die Einbahnstraße der Unterhaltung. Heute muss es mehr sein. Der ad-hoc-Austausch mit der Community.

Aber es gibt noch eine kleine Nische der Live-Berichterstattung: der Sport. Mitfiebern in Echtzeit. Das macht Hoffnung: Leben nicht aus der Konserve, sondern im unmittelbaren Hier und Jetzt. Wenn nicht schon alles geschehen und vorüber ist. Vordefiniert und abgedreht. Leben kann spannend sein. Und spontan. Auch deshalb gibt es den Ausschaltknopf. Für die beste Live-Unterhaltung: raus ins Leben.

November 2017: Typisch Autofahrer

Sage mir, welches Auto du fährst, und ich sage dir, was für ein Typ du bist! Na, wenn das keine Klischees sind. Oder aber: Hier zeigt sich, welche Vorurteile auch wirklich zutreffen. Oder ist der Porsche-Fahrer etwa ein Leisetreter? Die Fahrerin einer Rostlaube mit Babysitz ein junges Fotomodell? Das ist sehr verallgemeinernd und plakativ. Aber so funktionieren Vorurteile – und trifft auf vieles in der Werbung zu.

Nach welchen Kriterien haben Sie Ihr Fahrzeug ausgewählt? Sagen Sie jetzt bloß nicht, wegen reduzierter Emissionen und Geldvorteilen. Hallo Dieselfahrer! Welche Ausstattungsmerkmale sind Ihnen wichtig? Mein Auto muss ja immer „rot“ sein. Womit ich mich wohl als blonde Autofahrerin oute.

Ein Autokauf ist eben nicht nur eine Kopfentscheidung. Das Fahrzeug muss zu einem passen! Kennen wir nicht alle jemanden, der aus nostalgischen Gründen noch einen Wagen hat. Oder der zumindest immer noch in alten Geschichten schwelgt. Von der Ente mit dem Loch am Boden oder dem Golf mit dem ersten Kuss. Also, Autokonzerne, gebt uns rationale Fakten und emotionale Momente. Nur von Sicherheit zu reden, reicht uns nicht!

Mein Angebot: Lassen Sie uns doch mal zusammen fahren, klönen und vielleicht sogar picknicken. All das ist für mich Autofahren!

Dezember 2017: Typisch Weihnachten

Was sehen Sie vor sich, wenn Sie beim Gedanken an Weihnachten die Augen schließen? Haben wir die gleiche Vorstellungskraft: rote Kerzen, grüner  Tannenbaum, goldene Kugeln, viele Engel, einen schön gedeckten Tisch, besonders verpackte Geschenke, Familie um uns herum …

Was riechen Sie? Zimt und Vanille, Tannenduft und frischer Schnee, Gänsebraten und Rotkohl, Orangen und Rum.

Was schmecken Sie? Christstollen und Linzer Torte, Rumkugeln und Plätzchen, Lebkuchen und Marzipan. Karpfen oder Wiener Würstchen. Raclette oder Braten.

Was fühlen Sie? Schneeflocken und Eiskristalle, Samt und Spitze, Tannennadeln und Dekoschnee, Geschenkpapier und Dekoschleifen.

Was hören Sie? Leise rieselt der Schnee. Oh du Fröhliche. Ihr Kinderlein kommet. O Tannenbaum, o Tannenbaum. Oder White Christmas, natürlich auch Last Christmas.

Oder sind Sie ein Weihnachtsmuffel und verweigern sich? Dann dürften Sie harte Zeiten durchleben. So oder so: Alle Jahre wieder …

Wir wünschen Ihnen eine schöne Zeit, ob mit oder ohne Weihnachts-Klischees. Lassen Sie sich nicht stressen. Denn das ist nicht die Idee von Advent und Weihnachten!

Freuen Sie sich auf die nächsten Monate.