NEWS
Sexistische Frauenbilder – mit uns nicht!
Ich verfolge die Enthüllungen und Debatten um Julian Reichelt, BILD und Springer. Es geht um Machtmissbrauch, Sexismus und Frauenbilder von Machos. Aber es geht auch darum, dass das nicht nur in einem Verlag – weit weg – passiert. Als Chefin einer Werbeagentur, überhaupt als Arbeitgeberin und natürlich als Frau ist das Thema unweigerlich präsent.
Ich erlebe unerträgliche Sprüche und „Witze“ bis heute. Anzüglichkeiten, die unter den Rock gehen. Das ist ein gesellschaftliches Klima, was viele Männer ausnutzen. Vor Kurzem war ich bei „Doppelpass on tour“ in Rastatt. Als ehemalige Sportjournalistin und als großer Fußballfan habe ich mich darauf gefreut. Leider wurde der Abend aber zum Ärgernis. Ich bin in der Pause gegangen, weil mir die saublöden und sehr sexistischen Sprüche von Mario Basler unerträglich auf den Keks gingen. (Basler: Hier sind keine Kameras, hier kann ich das tun!) Klar, meinen Spielabbruch konnte ich frei entscheiden, da bin ich nicht abhängig. Aber ich kann aus über drei Jahrzehnten Berufserfahrung berichten, wieviel ich mir an Ungehörigkeiten anhören musste.
Ich war früher oft einzige Frau in Männerrunden. Gerade beruflich. Da gehörte zum guten bzw. schlechten Ton, dass sexistische Witze erzählt wurden. Schenkelklopfer, bei denen egal war, was ich dabei empfinde. Ein „Witz“, bei dem es um Vergewaltigungen geht, hat mich jahrelang verfolgt. Nicht erzählt von – sorry, Vorurteil – Straßenkehrern, sondern von Akademikern. Ich erinnere mich, dass ich bei einem IHK-Termin in einer Runde von ca. 15 Männern und 5 Frauen laut protestiert habe, als dieser Witz mal wieder hingerotzt wurde. Die Reaktion war/ist immer gleich: Ich solle mich nicht so haben. Das sei nur ein Witz. Und was mir immer wieder in rund 40 Jahren vorgeknallt wurde: „Du gehst wohl zum Lachen in den Keller.“
Ich lache gerne. Aber nicht über schwachsinnige Beleidigungen und unerträgliche Frauenbilder. Ich habe nie den Mund gehalten. Ich habe nie aus Angst vor Repressalien geschwiegen. Nicht beruflich und nicht privat. Das hat mir manchen Nachteil und manches merkwürdige Image eingebracht. Aber ich kann und will nicht anders.
Ich erinnere mich auch an einen Abteilungsleiter, der von der Präsentation einer Konkurrenz-Agentur bei einem Pitch feixend erzählte. Da habe die junge Assistentin den Rock versehentlich (??!) hinten im Strumphosenteil hängen gehabt. Mit großzügigem Blick auf ihren Po. Damals rasten meine Gedanken: Spielen Kolleg*innen wirklich so billig? Was will mir der Kunde damit sagen? Was sind das für mögliche Wettbewerbsverzerrungen? Nein, das sind alles NoGos! Damals und erst recht heute!
Im Umgang mit jungen Menschen appelliere ich ständig: Das Geschlecht oder die sexuelle Präferenz eines Menschen darf nicht Teil von dummen Sprüchen oder Aktionen sein. Worte sind Kleider von Gedanken und auch von Taten. Lasst uns endlich weiter sein … Rote Karte für Mario Basler – und für alle Männer und Frauen, die über sexistische Ergüsse lachen und nicht protestieren! Erst Recht in Machtpositionen. Und Danke an alle tollen Menschen, die mit mir und in unserer Gesellschaft nicht auf diesem abgründigen Niveau umgehen! Auch und gerade nicht in unserer Branche, der Werbung!
Ihre nachdenkliche
Ute Kretschmer-Risché
Ute Kretschmer-Risché