Zwischen Chaos und Wunder
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché | Blog

Internationaler Frauentag 2016. Warum ich dieses Foto ausgewählt habe? Es ist eines meiner Lieblingsbilder. Aufgenommen um 1990 zeigt es Franca Magnani (links), die ich in Heilbronn interviewt habe. Dass ich Journalistin geworden bin, hatte auch etwas mit ihr zu tun. Ich habe sie als junges Mädchen oft im Fernsehen gesehen. Sie war die erste Auslandskorrespondentin für die ARD in Rom. Eine streitbare Frau, Jahrgang 1925, die nach den journalistischen Prinzipien lebte: sei wachsam, unbestechlich und zeige Kampfgeist. Sie hat es mit vielen Politikern, Wirtschaftsbossen, aber auch mit Kollegen bzw. Auftraggebern aufgenommen. Ich denke gerade in dieser Zeit oft an sie, wie sie wohl mit den heutigen Volksvertretern, mit CSU und AfD, auch mit den Strömungen in Europa umgegangen wäre. Unbequem und sicherlich hartnäckig. 

Sie war für mich ein großes Vorbild. Und es war für mich eine besondere Ehre, mit ihr für ein Porträt zu sprechen. Denn sie lebte, was viele nur als Aushängeschild wie eine Monstranz vor sich tragen: Emanzipation und Unabhängigkeit. Gleichzeitig war sie eine sehr charmante und wunderschöne Frau.

Bleibt die Frage: Brauchen wir heute noch einen Internationalen Frauentag? Sicherlich als Mahnung, wo und wie Frauen weltweit weiterhin benachteiligt werden. Auch in Deutschland, zum Beispiel beim Thema ungleiche Bezahlung von Löhnen und Gehältern. Trotz vergleichbarer Berufe, Qualifikationen und Positionen. Aber solche Memoranden wie der Muttertag dürfen nicht zur Folklore verkommen. Ich muss natürlich grinsen, wenn gerade an diesen Tagen Führungskräfte ihren Mitarbeiterinnen Blumen überreichen. Das hat so was vom Muttertagsgeschenk: Heute machen wir Mami das Frühstück – ab morgen ist sie wieder dran!

Hinter der Kamera von diesem Bild stand übrigens auch eine starke Frau: Ulrike Kugler-Kachelmus, Fotografin der Heilbronner Stimme. Leider sind beide, Franca und Ulrike, schon ein paar Jahre tot. Umso wichtiger für mich, ihre unbeugsame Haltung zum Leben und Beruf weiterzutragen. In diesem Sinne ermuntere ich junge Frauen: Sucht euch ein Vorbild!

Nachtrag: Der Titel dieses Blog-Beitrages lehnt sich an das Buch von Franca Magnani an. „Rom. Zwischen Chaos und Wunder.“

Foto: Ulrike Kugler-Kachelmus, Heilbronner Stimme