Juli 2018: Nicht lügen!
Geschrieben von Ute Kretschmer-Risché |

Jetzt wird es schwer: nicht lügen. Schaffen wir das? Bis zu 200 Mal am Tag, wurde vor einiger Zeit spekuliert, lüge jeder Mensch. Oder sagen wir besser: Spricht ein Mensch am Tag nicht die Wahrheit. Denn das ist ein Unterschied: Lüge ist nicht gleich Lüge. Und nicht die Wahrheit sagen, ist nicht unbedingt eine Lüge. Psychologie-Professor Dr. Helmut Lukesch, Regenburg, spricht nach neuestem Stand von durchschnittlich 2 Lügen pro Tag. Dazu zählen Notlügen oder „dehnbare Wahrheit“ aus Höflichkeit. Anstand ist manchmal das Gegenteil von Ehrlichkeit: „Danke, das schmeckt gut!“ Oder: „Schön dich zu sehen.“

„Wie geht es Ihnen?“Auf diese Smalltalk-Frage antworten die meisten mit „Danke, gut!“ Damit hätten Sie schon 50 % Ihres Lügen-Kontingentes für heute aufgebraucht – falls es nicht stimmt. Und bei wem stimmt das schon? Aber wollen wir unser Seelen-Heil oder das körperliche Missbefinden auf der Straße oder an der Wursttheke darlegen? Also verkürzen wir die Antwort und gehen nicht in die Tiefe. Aber wehe es fragt einer nicht. Dann wird das gleich als Desinteresse gewertet.

Kennen Sie die Hitliste der häufigsten Lügen? Überprüfen Sie doch mal, was zu Ihrem Repertoire gehört: „Wir müssen uns mal wieder sehen“, „Du siehst gut aus. Keinen Tag älter als beim letzte Mal“, „Tut mir leid. Ich hatte keinen Empfang“, „Ich konnte leider nicht früher kommen, ich stand im Stau“ usw.

Das sind die Standardsprüche. Wirklich kreative, na ja, nennen wir sie, Ausreden, brauchen schon mehr Gehirnleistung. Wichtige Regeln: Nicht zu kompliziert. Eingehen auf die Psyche des Gegenüber. Merken, was man gelogen hat. Sonst könnte man auffliegen. Apropos: Die Washington Post hat einen Factchecker-Blog, der gerade bei Donald Trump viel auflistet. Der verantwortliche Journalist Glenn Kessler entlarvt beim amerikanischen Präsidenten im Schnitt 77 Falschaussagen am Tag. Wobei Kessler Trump gar nicht für einen notorischen Lügner hält: „Ich denke, dass Trump sehr oft tatsächlich glaubt, was er sagt.“ (Zitat in der Süddeutschen Zeitung am 2. Juli 2018).

Glauben, was man sagt. Das kann vor allem hilfreich sein, wenn man sich selbst Mut zuspricht: „Das weiß ich alles. Die Prüfung wird gut!“ Selbst wenn man womöglich nicht viel gelernt hat. Auch sehr aufbauend, sich vor dem Spiegel gut zuzusprechen: „Wow, ich sehe fantastisch aus.“ Über die zu enge Hose oder den Bad-Hair-Day sehen wir großzügig hinweg. In der Hoffnung, dass uns keine Pinocchio-Nase wächst. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Tag. Wirklich!!! Ungelogen, denn wir von der Werbung können vieles, nur nicht lügen. Ok, wer’s glaubt, wird seelig.